Nach der schnellen Fastgesundung von Jörgens Knöchel in Aqaba, wo wir doch eine Woche bei Falafel-Pita und Wasser auf Besserung ausgeharrt haben, gingen wir freudig unserem nächsten Ziel in Jordanien entgegen. Besser, wir fuhren, noch besser, wir wurden gefahren, nämlich von unserem alten Bekannten dem Taxifahrer Mousa. Dieser redselige Kraftfahrer hatte uns schon zum Wadi Rum geführt, wo wir sehr bald nach unserer Ankunft, unter Jörgs Wehklagen und Schmerzen, die Wüstentour abrechen mussten. Was uns aber nicht abhielt, ihn nochmals anzuheuern. Und was für eine Fahrt! Mit seinem üblichen Redefluss wurden wir ins Taxi reingeschwemmt und die verrückte Fahrt konnte beginnen. Zuerst redete er wie aufgezogen oder wie „a Glock´n die 24 Stund´ läut“ in all den Sprachen der Völker der Erde. Satz- und Wortfetzen in Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch, Ungarisch (!), … quollen aus seinem Mund. Begleitet wurde diese babylonische Sprach-Performance von Stehsätzen über sich in der dritter Person „Tourist say: Thank you Mousa“ oder, im akzentfreiem amerikanischen Englisch, „Oh, my god!!“.
Zur besseren Veranschaulichung hier ein kleiner Monologmitschnitt: „Tourist ask Mousa, „How long should we stay in Petra, Mousa“. Mousa say, „One day not enough!. Two day good. Why?“ Tourist say, „Why“. Mousa say, „Two day good. Why! You see Treasury, Monestry, Tombs of the Kings, Siq, Places of Sacrifice, … . One day not enough. Oh, my god!!“ Tourist say, „Thank you Mousa. I love you Mousa!““
Nach diesem Wortstakkato folgte dann die Gesangsvorführung – siehe hier. Wobei er zur rythmischen Untermalung seine Hände klatschen ließ. Wohlgemerkt beide Hände, uns blieb nur die Hoffnung auf einen möglichst geraden Strassenverlauf. Um die Fahrt abwechsunglsreicher und kurzweiliger zu gestalten, ließ er es noch in der Wüste schneien, wobei der Schnee von uns gleich für eine kleine Schneeballschlacht und zum Kühlen von Jörgens Knöchel entwendet wurde.
Am höchsten Punkt unserer Fahrt mussten wir auf Anweisung unseres verhaltensoriginellen Fahrers die Augen schließen und auf Zuruf wieder öffnen. Vor uns tat sich die Kulisse der Bergwelt rund um der Felsenstadt Petra auf.
Die Felsenstadt Petra, die von Lawrence von Arabien als der „herrlichste Ort der Welt“ tituliert wurde, muss man wohl gesehen haben, um die wahren Ausmaße, der in den Fels gehauenen Fassaden, wirklich begreifen zu können. Obwohl die Felsenkirchen von Lalibela auf uns einen fast noch imposanteren Eindruck hinterlassen haben, da diese auch Innen famos ausgestaltet wurden (in Petra wurde eigentlich nur die Aussenflächen kunstvoll behauen). Petra gehört nun aber zu den Sieben Neuen Weltwundern und hat sich ihren Platz dort wahrlich verdient.
Die Nabatäer, die Gründer dieser Felsenstadt, suchten sich für ihren Wechsel vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit einen strategisch äußerst günstigen Platz aus. Petra lag damals am Kreuzungspunkt der Karawanenwege von Indien, China, Afrika und Jemen, die ihre Gewürze, Seidenballen, Elefantenstoßzähne, Tierfelle, Weihrauch und Myhrre zu den Häfen ans Mittelmeer bringen wollten. So konnte also fest Zoll eingehoben werden und das Königreich der Nabatäer florierte. Noch dazu liegt die Stadt relativ versteckt und ist nur durch eine enge zig Meter hohe Schlucht zu erreichen.
Genau durch diese Schlucht, den sogenannten Siq, fuhren wir mit einer Kalesche ratternd und durch das ständige Gehopse furzend in die Felsenstadt ein. Wenn man also will, wie das Alter Ego von Harrison Ford im Film „Indiana Jones und der letzte Kreuzug“, nur halt nicht ganz so heroisch (Schauen Sie sich das an!). Nach einem nur zwei Meter breiten Schlitz, der die Schlucht aus rosarotem Sandstein endet lässt, breitet sich das erste Highlight, das sogenannte Schatzhaus vor unseren Augen aus. Eine in den Fels gehauene im griechischen Stil gehaltene Fassade, die sich nach oben hin bis zur Himmelskante erstreckt oder doch nur 40 Meter?
Laut Meinung der Archäolgen. soll es sich bei den Felsgebäuden um Gräber für Könige und Adelige handeln. Ziemlich viel Aufwand für Totenhäuser und man kann schon skeptisch sein, ob diese, viele klassische Stilelemente verschmelzende Anlage wirklich nur diesen Zwecke diente. Der gesamte Bereich der Stadt umfaßte mehrere Kilometer mit gepflasterten Straßen, landwirtschaftlich genutzen Terrassen, Anlagen zum Sammeln von Regenwasser, ein Theater und vieles mehr. Die Straßen sind heutzutage allerdings nicht mehr so gut in ihrer Oberflächengestaltung erhalten, so dass Jörg mit seinen beiden Krücken für den ersten Weg mit einem Kamelritt vorlieb nahm (Video dazu). Wirklich ein harter Bursche mein Freund Jörg. Alle weiteren Wege und sogar ein steiler Aufstieg über unzählige Stufen hinauf zum Felsengrab El-Deir nahm er mit seinen zwei Krücken auf sich. Bedächtig und angemessen langsam schreitete er mit dem Willen eines Löwen dahin und wurde mit beeindruckenden Ausblicken auf die Meiselkunst der Nabatäer belohnt.
Ich hingegen, besser zu Fuß, habe mir ein größeres Programm vorgenommen. Wollte meine Forschungstätigkeit in Sachen Zehn Gebote wiederaufnehmen. Da ich in einem Buch vom Jörg gelesen hatte, dass laut neueren Mutmaßungen, der Berg der Zehn Gebote nicht der Mount Sinai sein soll, sondern einer der Berge hier in Petra. Auf dem Weg zum ersten in Frage kommenden Berg, den Jabal al-Khubtha liefen mir noch andere imposante Bauwerke der Nabatäer-Epoche über den Weg. So das riesige, 5000 Menschen fassende Theater und die sogenannten Königsgräber, die sich an der Felswand des Jabal al-Khubtha aufreihen.
Sehr beeindruckend fand ich auch die kleineren, nicht so ausgeschmückten Grabhöhlen. Die vor allem durch die verschiedenfarbigen Gesteinsstrukturen und Muster eine besondere Eleganz und Schönheit ausstrahlten. So auch teilweise im Inneren der Königsgräber, die zwar meist nur ein paar Räume und Nischen aufwiesen, die Decken aber strahlten in allen Farben, die Gesteine so hervorbringen können.
Aber zurück zu Moses und den Zehn Geboten. Laut den Zusammenfassungen des Buches „The Moses Legacy“ (um alles zu lesen war mein Fleisch und mein Wille zu schwach) ist am Fuße des sagenumwobenen Berges die Quelle, die Moses mit seinem Gehstock aus dem Felsen geschlagen hat, der Altar auf der Bergspitze sollte mit zwei Hörnern bewehrt sein und es sollte möglich sein, so etwas wie göttliche Trompeten erschallen zu hören.
Der erste Berg hatte von all dem nichts zu bieten. Dafür aber einen mühsamen Aufstieg über hunderte Treppen und eine wahrlich göttliche Aussicht über Petra.
Als Aufmunterung für en ersten Fehlschlag wanderte ich wieder über unzählige Stufen (wie hat das Jörg bloß mit seinen Krücken geschafft) zur Monestry genannten Felsengrab. Monestry deshalb, da sich hier Mönche im Mittelalter niederließen und die gute Bergluft genossen haben. Oben angekommen, erwartete mich die wohl größte (40 Meter hoch) aber sehr schlichte Fassade des Jabal ad-Deir und der liebe Jörg. Der wie ein Mönch im Schatten eines überhängenden Felsens seinen Fuß hochlagerte. Nebst seinem Kadaver standen zwei Esel und iahten traurig über seine Verletzung. Da es nun schon Nachmittag war, wurde der Strom der Touristen auch immer größer. Viele davon aus Österreich kommend und wie es sich für Alpenländer gehören mag, wurde gleich die Fassade der Monestry bestiegen. Den ansässigen Beduinen wars egal und uns auch, so tranken wir mal einen Tee mit ihnen und lauschten, wie sie die außer Atem geratenen alten und mit unter beleibten Touris bei ihrem beschwerlichen Aufstieg hänselten.
Nun also zum letzten in Frage kommenden Berg, den Jabal al-Madhbah. An seinem Fuß entsprigt eine Quelle – sehr gut. Durch die Wechselwirkung der engen Schlucht des Siq, des sich öffneden Tales von Petra und des heulenden Windes, soll es ein Klangphänomen geben, das an tausend von Engeln geblasene Trompeten erinnern soll – sehr gut. Der Aufstieg war schon ein wenig mühsam nach all dem Gehatsche und mir ward schon fast so, als ob ich die Engeln singen hörte. Oben angekommen, sah ich gleich zwei große Steinobelisken auf einer ebenen Fläche – na, das ist doch ein Hinweis auf was Besonderes. Mich noch ein Stück weiter quälend, erreichte ich endlich den Hohen Opferplatz. Ein kleines Plateau, wo vor einer herausgemeiselten rechteckigen Vertiefung ein steinerner Altar stand, der über drei Stufen zu betreten war. Zwar hatte er keine Hörner auf den Seiten, könnten aber abgeschlagen worden sein. Links neben dem Altar war eine in den Felsen eingelassene Opferschale zur Darbringung von Tieropfern, die einen engen Kanal fürs Abführen vom herausspritzenden Tierblut hatte. Als ich so konzentriert zwischen Altar und Opferschale stand, fielen mir partout die Zehn Gebote nicht ein. Das kann es doch nicht sein! Vielleicht muss der Platz erst aktiviert werden, dachte ich mir in meiner Not. Also habe ich das letzte Wasser aus meiner Flasche in die Opferschale gegossen und dem Nass zugeschaut wie es durch den Kanal nach unten floss. Die Zehn Gebote kamen aber nicht. Dafür ein kleines rotweisses Kätzchen, das auf dem linken Fuß ein wenig lahmte und es trank mein geopfertes Wasser weg. Schaute mich vorwurfsvoll an, miaute und, da kein Wasser mehr übrig war, trottete die Katze von dannen. Da ich mein Messer zu langsam aus dem Rucksack zog, konnte ich die Katze nicht opfern und am Gipfel des Berges blieben nur Fragen. War das davonrennende Opfertier eine Reinkarnation von Mose, ein Dschinn, gar der Belzebub oder einfach nur eine Mietzekatze und der Berg nur ein Berg?
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und noch ein paar Bilder…
tj, die natur ist und bleibt einfach der größte künstler.
danke für die schönen bilder-
wir daheimgebliebenen freuen uns auf mehr!
glg
judith
lieber nane, danke für die praechtigen bilder und vor allem fuer die videos… bin den siq gleich mehrmals geritten,wirklich ein erlebnis!!
grueße aus kaernten! inge
Hallo Markus.
Ich habe heute eure Karte aus Ägypten bekommen. Danke sehr! Bin mir sicher, das Tauchen noch zu lernen, denn diese Bilder will ich auch einmal gesehen haben. Vor kurzem habe ich gelesen, dass Schneefall nicht mit tiefen Temperaturen zu tun hat – scheint zu stimmen. Euer Taxler ist sehr musikalisch und die goldene Borte am Armaturenbrett werde ich wohl kopieren. lg aus dem fast schon frühlingshaften Wien, ronSi
Hallo ihr beiden,schön euch wieder auf Tour zu wissen.Ich überlege schon,wann ich wieder für eine Teilstrecke zu euch stosse.gerhard
total cool,
ich will immer schon nach petra. stattdessen sitz ich in berlin und schau auf den dom (und auf den screen, natürlich). gut, dass ihr wieder fit seid und euch nicht mit derlei erkältungen herumplagen müsst,
geb
heisst es nicht „wo man singt, da lass dich nieder, denn böse menschen haben keine lieder“? in diesem sinn möge es euch nie am musikalschen rahmenprogramm mangeln!