Rabbi Ohad, der See der Wunder und Tel Aviv

Bauhaus-Stil

Mit einem Bus der egged-Linie fuhren wir drei Israel-Reisenden zusammen mit vielen uniformierten Soldatinnen nach Tiberias am See Genezareth. Dieser hält, mit seinen 210 Meter unter dem Meeresspiegel, das Superlativ „tiefst gelegener Süßwassersee der Erde“ und stellt das wichtigste Wasserreservoir für Israel dar. Sein Wasser muss die meisten großen Städte wie Tel Aviv versorgen und die Negev-Wüste zum Erblühen bringen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass dieser großen Wasserstandsschwankungen unterliegt und tendenziell kleiner wird. Gibt aber, wie überall auf der Welt in solchen Fällen immer Gegenbewegungen, die solch überdurchschnittlichen Ausbeutungen entgegenwirken wollen. So trafen Gunti und ich bei einer Busfahrt einen Öko mit Rastazöpfen, zerissenen Hosen und löchrigem Schuhwerk (gewisse Naturschützer schauen weltweit wahrscheinlich immer gleich aus), der sich schwer aufregte über den Bananenanbau am See und die Versiegelung von ganz Tel Aviv. Und zu Recht. Die Obst-Bananen werden hier in größeren Monokulturen angebaut und verbrauchen extrem viel Wasser und werden vor allem exportiert. Tel Aviv ist stark mit Betonfächen und Asphaltstraßen versiegelt und die jährlichen Regengüsse fließen ungenutzt von Pflanzen und Menschen ab.

Doch der See Genezareth ist nicht nur ein Naturwunder, es fanden hier in neutestamentarischen Zeiten viele der Wunder Christi statt und er ist natürlich auch für die Menschen jüdischen Glaubens ein sehr wichtiger Ort. So wurde auch in der Nähe des Sees der erste Kibbuz, also die ländlichen Kollektivsiedlungen, welche basisdemokratisch organisiert sein sollen, errichtet.

Durch die vielen Aufenthalte von Jörg und Gunti in Guatemala kannten beide einen Rabbi, der bei einen Friedenstreffen der Religionen eben dort dabei war. So konnten wir unseren Besuch in Galiläa auch dazu nutzen bei Rabbi Ohad und seiner Frau Dawn vorbeizuschauen. Mit vollem Gepäck warteten wir auf das Auto von Ohad, der aus Tel Aviv kommend, uns zu seinem Haus in Rosh Pina bringen wollte. Irgendwie kam die Mär auf, er hole uns mit einem Kleinbus ab. Weit gefehlt – um die Ecke bog ein Kleinstwagen, in dem wir uns mit all unseren Habseligkeiten auf die Rückbank zwängten und die kurvige Straße den Berg hinauf zum Ort Rosh Pina fuhren. Gunti, der in der Mitte saß, konnte die Fahrt nur überleben, in dem er seine Augen schloss und an eine unendlich weite Wüste dachte.

Der See Genezareth im frühlingshaften Kleide
Der See Genezareth im frühlingshaften Kleide

Rabbi Ohad und seine Frau sind wirklich sehr nette und feinsinnige Menschen. Wir wurden aufs Netteste von ihnen in ihrem Haus willkommengeheißen und fühlten uns ganz frei und ungezwungen im geräumigen Haus. So ungezwungen wie Ohad manchmal gekleidet ist, im knöchellangem wallendem Kleide mit liebvollen Löchern darin, langem Haar und Rauschebart. Er war früher Mitglied der jüdischen Ultra-Orthodoxie, wandte sich aber nach Jahren des Lernens und Lehrens an orthodoxen Hochschulen von den ultra-orthodoxen Ansichten ab, was sicherlich nicht sehr einfach für ihn war. So weit ich es verstanden habe, beschäftigt er sich nun vor allem mit der Kabbala, also mit der mystischen Tradition des Judentums. Erfahrungen zur unmittelbaren Beziehung zu Gott suchend, die man auch im alltäglichen einsetzen kann, erforscht er den Minikosmos Mensch und will auch am Südufer des See Genezareth eine kleine ökologisch und spirituell ausgerichtete Siedlung mit Freunden errichten. Er veranstaltet auch Workshops zu diesen Themenkreisen in Israel und USA zusammen mit seiner lieben Frau Dawn. Die meist Yoga-Techniken lehrt und eine fantastisch feminin-erotische Ausstrahlung hat.

Rabbi Ohad (von Website http://www.fortunecity.com/victorian/charcoal/65/ohad1.jpg)
Rabbi Ohad (von Website http://www.fortunecity.com/victorian/charcoal/65/ohad1.jpg)

Wir fuhren die nächsten Tage zweimal an Bananenplantagen, wobei die Früchte hier feinsäuberlich in blauen Plastiksackerln eingewickelt an den einkeimblättrigen Pflanzen hängen und an silbriglänzenden Olivenhainen vorbei zu den christlichen Kultstätten am See. In Tabgha wurde eine kleine Kirche errichtet, da hier Jesu die Brot- und Fischvermehrung praktizierte und mit zwei alten Fischen und fünf Stüch Brote 5000 Leute verköstigte. Wobei nach dem Festmahl noch mehrere Körbe mit den Resten befüllt wurden – für die Armenausspeisung. In der Kirche unter dem Altar findet man noch den Stein, auf dem damals die zwei Fische und die Brote hingelegt wurden (was man nicht alles herausfinden kann).

Gunti vor dem Altar mit dem darunterliegenden Brotvermehrungsstein
Gunti vor dem Altar mit dem darunterliegenden Brotvermehrungsstein

Gleich am Hügel zwischen der ersten Brotvermehrung und der ehemaligen Fischerstadt Kapernaum befindet sich der Ort der Bergpredigt. Den haben wir zwar nicht besucht, dafür am Weg dorthin in der frühlingshaften Landschaft gerastet und entspannt. Es tat gut wieder mal saftig-grüne Wiesen zu sehen, die gelbpunktiert vom Raps mit roten Einsprenkelungen des Mohns uns völlig unschuldig anlächelten. Und wir lächelten zurück und genossen den prächtigen Ausblick zum Petrusfisch hervorbringenden See. Nach den vielen Wochen in den kargen und vegetationslosen Wüsten Ägyptens und Jordaniens ein wahres Augenfutter voller Überfluss.

Jörg und Gunti beim Genießen
Jörg und Gunti beim Genießen
Der See Genezareth
Der See Genezareth
Was? Wer? Wie?
Was? Wer? Wie?

In Kapernaum selbst soll Jesu in Hause des Petrus gewohnt und in der dortigen Synagoge, laut der Bibel, gelehrt haben. Über dem Haus Petrus wurde in modernen Jahren eine Kirche überhängend errichtet. Wobei man durch einen verglasten Boden direkt in die ehemalige Wohnstätte Jesu starren kann – keine Privatsphäre für die feinstofflichen Überbleibsel.

Das Hausin dem Jesu wohnte und die Unterseite der darüber erbauten Kirche
Das Haus in dem Jesu wohnte und die Unterseite der darüber erbauten Kirche
Ich beim Schlüsselklauen aus Petrus` Hand
Ich beim Schlüsselklauen aus Petrus` Hand
Alter Mosaik-Boden in Kapernaum
Alter Mosaik-Boden in Kapernaum

Auf den Wegen um den See erblickten wir einst voller Erstaunen ein seltsames Tier – sehr schäbiger Blick, dümmliches Grinsen, Hinterläufe wie ein Hase, Körper wie ein Murmeltier, Ohren wie ein Leopard und am Felsen klebend wie ein Gecko. Nach harter Recherchearbeit von Jörg stellte sich heraus, dass wir den drei Mal in der Bibel erwähnten  Rock Hyrax (Procavis capensis) oder Klippschliefer entdeckt haben. Der übrigens engverwandt mit dem Elefant und der Seekuh ist (wahrscheinlich deren Kind!?) und über Exkremente verfügt, die einen hohen Handelswert haben, da diese für die Parfümindustrie gebraucht werden.

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Der parfümierte Hyrax am Stein
Der parfümierte Hyrax am Stein

Anschließend verbrachten wir nach den sogenannten Heiligen Orten noch ein paar Tege im sogenannten Fortgehparadis Tel Aviv. Schliefen, tranken das eine und andere Bier (meist das andere) und schauten uns die Gebäude im Bauhaus-Stil an. Ruhige Tage mit viel Schauen, Spazierengehen, Strand, Wind und Abhängen.

Gebäude in Tel Aviv (1)
Gebäude in Tel Aviv (1)
Gebäude in Tel Aviv (2)
Gebäude in Tel Aviv (2)
Bauhaus-Stil
Bauhaus-Stil
Markt im Zentrum von Tel Aviv
Markt im Zentrum von Tel Aviv
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Kategorisiert in Israel

3 Kommentare

  1. Danke für die Lektion in Zoologie – ich hoffe, du erlaubst mir das Foto der Elefantenseekuh als Rätsel der Woche zu verwenden – bitte mehr davon!

  2. Hallöchen Brüderchen !Schon lang nichts mehr von uns gehört. Verfolgen jedoch dich auf Schritt und Tritt. Danke für die lieben Geburtstagswünsche für Manuel und Alexander. Haben sich total gefreut. Hoffe der Krokodilsgott hilft Ihnen, aber Glaube kann ja Berge versetzen!“
    Seit ja hoffentlich jetzt reiche Leute, wegen den EXkrementen dieses Lebewesens. Ihr werdet sie ja wohl eingesammelt haben. Hahaha!!!
    liebe Grüße Manuel, Alexander, Tobias, Andrea und Bernd

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